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Vom 16. bis 18. Jahrhundert: Wirtschaftsblüte und Kriegselend

Johann Rantzaus Sohn war Heinrich Rantzau, Ritter auf Breitenburg und königlicher Statthalter in Schleswig-Holstein (1526-1598). Er war sehr reich. 400 000 Taler Mitgift brachte ihm seine Gemahlin zu. Mit seinem Kapital betrieb er Bankgeschäfte, lieh Gelder an die Königin von England und unterhielt Verbindungen mit dem Bankhaus der Medici in Florenz, wohin er Getreideschiffe sandte. Anderes Kapital arbeitete in seinen Kupfer-, Papiermühlen und ähnlichen Unternehmungen. Aus seinen Einkünften erwarb er Grund und Boden, kaufte das Stammschloss Rantzau in Ostholstein und - was unsere Gegend angeht - verschönerte er das Schloss Mehlbek, das sein Vater 1526 erworben hatte. Er schmückte das Herrenhaus im Stil der von Italien über Holland eingedrungenen Renaissance. Aus dem Zimmer seiner berühmten Bibliothek auf Breitenburg ging seine Korrespondenz an die bedeutenden Geister der Zeit.

Was Heinrich Rantzau tat, war kein Einzelfall. Allenthalben regte sich in den unternehmungsfreudigen Kreisen Holsteins ein Streben nach wirtschaftlichem Gewinn und anspruchsvoller Lebensgestaltung. Vor allem war es der Adel, der in den vergangenen mittelalterlichen Jahrhunderten sich zum maßgebenden Stand in den Herzogtümern Schleswig-Holstein und dem Königreich Dänemark entwickelt hatte. Er begnügte sich nicht mehr mit dem Leben als Rentenverzehrer auf seinen engen Burgen, sondern wollte verdienen, Kapital ansammeln. Auf seinen Eigenländereien produzierte er Korn, Vieh und Meiereierzeugnisse, die in das dichtbevölkerte Westdeutschland ausgeführt wurden.

Heinrich Rantzau arrondierte zur Vergrößerung seiner Eigenwirtschaft das Gut Mehlbek; an der Bekau erwarb er viel Wiesenland (die „Hollengrube”).Der Kirche zu Schenefeld kaufte er ihre Hölzung in Mehlbek ab. Das adelige Gut bildete sich in seiner typischen geschlossenen Form heraus. Auch in gerichtsherrlicher Hinsicht war es autonom. Die Gutseingesessenen gehörten längst nicht mehr zur Kirchspielvogtei Schenefeld. Obwohl pfarrmäßig mit Schenefeld verbunden, unterstanden die Einwohner der Dörfer Aasbüttel und Bokhorst nicht dem Zivilkirchspiel. Sie waren dem Gut Lindhorst bei Keller untertan, dessen Herrenhaus auf der heutigen verlassenen Burgstätte lag und zwischen 1596 und 1614 abgebrochen wurde.

Als die Eigentümer dieses Gutes, die Rantzau, Inhaber des Gutes Hanerau (umgebildet aus der Burgvogtei Hanerau ohne Kirchspiel Schenefeld) wurden, zählten auch diese beiden Dörfer fortan zum Hanerauer Gutsbezirk. In Hanerau selbst spürte man den Aufbruch der Zeit: um 1550 wurde das Schloss zu einer dreiflügeligen Anlage umgebaut.

Im Osten Schenefelds waren die Leute von Christinenthal, das damals Wedeldorf hieß, und Reher dem Zivilkirchspiel entzogen; sie gehörten zum Gut Wedeldorf. 1610 ging es an das Gut Drage über, das mit seinen Besitzungen in Pöschendorf (zwei Hufen), Kaisborstel (der größere Teil) und Hadenfeld (ganz) von Süden in den Schenefelder Pfarrbezirk eingriff. Der übrige Teil des Kirchspiels bestand aus freien Bauern, die in hergebrachter Weise in öffentlichen Dingen selbstverwaltend tätig waren.

Das ländliche Leben jener Zeit – die zweite Hälfte des 16. Jahrhunderts war eine glanzvolle Friedenszeit für Holstein - spielte sich im örtlichen Rahmen der Dorfgemeinschaft, der Bauerschaft, ab. lm „Buerlag” kamen die Hufner unter dem Vorsitz des „Buervagts" zur Beratung zusammen und legten den Beginn der Feldbestellungs- und Erntearbeiten fest, weil die damalige Flur-Verfassung nur einen gemeinsamen Einsatz gestattete. Der Ackerbesitz des einzelnen bestand aus vielen schmalen, handtuchartigen Ackerstreifen, die über die verschiedenen Gewanne der Feldmark verstreut lagen. Sie waren nicht eingefriedigt und häufig so gelegen, dass man sie erst über Nachbars Grundstück betreten konnte. Eine Hufe hatte durchschnittlich 100 solcher Ackerbeete – eine mühsame Bewirtschaftung nach heutigem Standpunkt. Im meist siebenjährigen Turnus wurden Roggen, Hafer und Buchweizen angebaut, vier Jahre zur Saat, drei ]ahre zur Brache. Man erntete beim Roggen das zweite bis vierte Korn, beim Hafer noch weniger und war beim Buchweizen froh, wenn die Aussaat überhaupt herauskam („De Bokweten is'n Slumpkorn"). Nachdem die Ernte abgefahren war, zog der Dorfhirte mit dem Vieh über die Stoppeln. Daneben gab es ~ weit über die Hälfte des Flurareals einnehmend - das Ödland aus Wald, Busch, Heide und Gras, das der Gemeinde insgesamt gehörte.Auch die Schenefelder besaßen einst Waldungen, wie es die Flurnamen „Raden”, „Víert” und „Kell” (= Kölinge, Holzkohlengewinnung) beweisen. Den Viert schlugen sie 1618 ab und wurden dafür vom Landesherrn in Strafe genommen. Völliges unbeschränktes Privateigen bestand an der Hofstelle mit den Gebäuden, dem Kohlgarten und der Hauskoppel hinterm Hause. Hier liefen die Pferde, von denen man viele hielt, da die Spanndienste für den Staat es erforderten: sieben bis acht für eine Hufe. Kühe waren durchschnittlich in derselben Anzahl vorhanden, reichlich Schafe, 30-50 Stück. Gänse in großer Zahl.

So etwa sah eine Normalhufe in einem Dorf des Schenefelder Kirchspiels aus. Das Leben des Hufners, seiner Familie, der Knechte und Mädchen war eingespannt in den Tagesablauf, den Jahresrhythmus mit seinen Arbeitszeiten und Feierwochen. Einige Bauern betrieben nebenher ein Handelsgeschäft - das ist ein Kennzeichen für das Erwachen kapitalistischen Geistes auch auf dem Lande -, kauften z.B. der Rendsburger Amtsverwaltung die Mastschweine ab und verhandelten sie (1591: 100 Schweine an drei Mann des Amtes Rendsburg). Wieweit die Einwohner Magervieh an Händler oder Marschbauern zur Fettgräsung verkauften, ist unbekannt, doch in gewissem Umfang anzunehmen. Auf den alten Heerwegen trieb man aus Jütland und Schleswig die Ochsen nach dem Süden. So gelangte das Eiderstedter Fettvieh über den Keller-Landweg nach Itzehoe und ging über den Ochsenmarkt weiter in die Städte.

Einen weiteren Gegenstand des ländlichen Handels stellte der Holzverkauf dar. Die Bauern besaßen auf eigenen Gründen Eichen, Buchen, Eschen und dergleichen und veräußerten sie in alle Welt. Von den ehemaligen Beständen des Reher Kratts heißt die Überlieferung, dass sie nach Rotterdam verkauft und als Rammpfähle verwendet worden seien. Sogar die Dithmarscher kamen ins Kirchspielgebiet und kauften Baumstämme bei Todenbüttel, das damals weit mehr Holz als heute besaß.

Aus dem allgemeinen Aufschwung im 16. Jahrhundert musste gerade ein Dorf wie Schenefeld großen Nutzen ziehen. 1585 zählte der Ort 14 steuerzahlende  Hausväter. Drei Kröger stehen verzeichnet, die übrigen sind Handwerker, vielfach mit Land. Auffällig ist die Zahl der Schuster: später, 1718, zähle ich acht Köpfe in der Steuerliste (zum Vergleich: 1860 ebenfalls acht). Weiterhin werden in späterer Zeit, 1718 - die Liste ist nicht vollständig -, zwei Höker, zwei Bäcker, ein Tischler, zwei Weber, je ein „Tabakspinner”, Zimmermann, Grob- und Kleinschmied, Rademacher, Müller (zu Neumühlen) und Glaser aufgeführt. Bezeichnend ist die mehrfache Gewerbeausübung: so ist 1738 Ehmcke Hellrich zugleich Bäcker, Brauer und Brenner. Der Kirchspielvogt und die zwei Pastoren sind von den Abgaben befreit. 1680 zählt Schenefeld eine Halbhufe, 36 Katen (= Achtelhufen) und 15 Verlehnskaten (nach G. Reimer). In den Katen wohnten häufig mehrere Partien; diese Mieter hießen „Insten” (d. h. Insaten, Eingesessene). Aus der Vielzahl der Katen ergibt sich klar die besondere wirtschaftliche Struktur des Kirchdorfes, die sich darin von den Bauerndörfern der Umgebung deutlich abhebt.

Die Kriege des 17. Jahrhunderts brachten den in langer Friedenszeit erworbenen Wohlstand zum Schwinden. Als die Wallensteiner 1627 Holstein besetzten, suchten sie auch das Kirchspielgebiet heim.1628 äscherte ein Blitzschlag – angeblich die Strafe Gottes für die Entweihung der Kirche durch die plündernde Soldateska - das Gotteshaus ein. Dass fromme Stiftungen es fertigbrachten, die Innenausstattung, Altar, Kanzel und Taufengel wiederherzustellen, zeigt, dass es gleichwohl noch Wohlstand gab.

Im Dezember 1643 brach neues Verhängnis über das Land herein. Die Schweden besetzten Itzehoe, Hanerau und Rendsburg. „Schnapphähne”, Partisanen, machten ihnen das Leben sauer. Von der Festung Krempe, die sich gehalten hatte, führte der Kommandant Georg Rohwedder, ein Bauernsohn aus Haale, Streifzüge in die Umgebung aus und fügte den Schweden schweren Schaden zu. In der Nacht vom 13. auf den 14. Januar 1644 überfiel er bei Schenefeld die Bagage des Obersten Dörfling, der später als Feldmarschall Derfflinger unter dem Großen Kurfürsten diente. Im März zersprengte er ein Offiziersfrühstück in Gokels. Das Grab eines Reiters im Knick auf der Horst in der Pulser Feldmark bringt man mit diesem Ereignis in Verbindung. Als die Schweden Hanerau nicht halten konnten, zogen sie ab und zerstörten die Burg am 27. Mai 1644.

Fünfzehn Jahre später hausten die Polen, die der Große Kurfürst 1658 als wenig beliebte Bundesgenossen ins Land führte, schlimm im Amte Rendsburg. Die Dörfer verödeten.

Die Streitigkeiten zwischen dem dänischen König und dem schwedenfreundlichen Herzog von Gottorp ließen Schleswig-Holstein nicht zur Ruhe kommen. Durchmärsche und Einquartierungen verhinderten jeden Aufschwung. Im Kirchspiel Schenefeld lagen 1684 16 Hufen wüst, und der Kirchspielvogt klagt, „dass niemand die Höfe für die zu zahlenden Steuern annehmen wolle". Für Pöschendorf heißt es z.B. 1680 in der Steuerliste: Meinke Hebelln, Witwe: Kinder betteln, Hölzung ruinieret, keine Pferde, zwei Kühe, ein Schwein, drei Tonnen Roggen ausgesät”. Oder in Puls: „Claus Griedtbohm, früher 1/2 Hufe, auf 1/8 herabgesetzt, seit dem kaiserlichen Krieg (1627) wüst, kein Haus". Gokels: „Hinrich Tode, früher Vollhufe, auf ½ herabgesetzt, seit dem schwedischen Krieg (1643) wüst, Ländereien liegen mehrenteils in Heide".

Der Nordische Krieg 1700 -1721 vergrößerte den alten Schaden! In der Kontributionsliste von 1700 steht: Holstenniendorf: „Hans Struven, Kate, 1/2 Hufe ist aber bereits vor 50 Jahren verwüstet, nachgehends die Ländereien für 1/4 angeschlagen." Siezbüttel; „Jochim Verß itzo Claus Verß, 1 Hufe abgebrannt und verwüstet . . .  der jetzige Besitzer kontribuiert für 1/4 Hufe."

Gribbohm: „Claus Tode, izo Christopher Holling. Nach dem Grundbuch 2 Hufen, die eine soll nach dem Bericht in Heide und Weide liegen, wovon in mehr als 100 Jahren nichts ins Register gegeben. 1 Hufe." So hallen die Register von Klagen wider. Der Staat suchte durch Ausweisung von 60 Eichen und 40 Buchen aus dem königlichen Walde zum Aufbau der abgebrannten und verwüsteten Hufen im Kirchspiel Schenefeld zu helfen. Wegen Steuerschulden mussten 13 Hufner ihre Besitzung verlassen. Außerordentliche Steuerlasten drückten die Bevölkerung.

Jedoch langsam erholte sich das Land nach dem Friedensschluss von 1720. Allgemein befriedeten sich die Zustände. In der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts brach ein neues Weltgefühl umgestaltend in die ländlichen Verhältnisse ein.

 


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